Märkische Allgemeine, Sonderveröffentlichung “Brandenburg – Wir haben´s drauf!”, 25. Oktober 2025 von Gerald Dietz
Die Tafel für Schutzgebiete stammt aus Brandenburg und ist mittlerweile auch in westdeutschen Bundesländern präsent
An knapp 500 Naturschutzgebieten sitzt sie allein in Brandenburg und macht auf den besonderen Status aufmerksam. Mit achtsamen Augen blickt die schwarze Waldohreule auf gelbem Grund an den Grenzen der Areale Spaziergängern und Wanderern entgegen und hält zur Bewahrung der Lebensräume an – nicht nur hier, sondern in allen ostdeutschen und auch einigen westdeutschen Bundesländern. Gestartet ist die Eule als Hinweisschild vor 75 Jahren in Bad Freienwalde in der Märkischen Schweiz, wo Erna und Kurt Kretschmann 1950 begonnen hatten, so besondere Bäume, Landschaften und Biotope als schützenswerte Natur für alle sichtbar zu machen. 5000 Schilder haben die beiden selbst verteilt, an Naturschutzbeauftragte Ostdeutschlands verschickt und es geschafft, dass die Kretschmann-Eule am 1. Juni 1971 offiziell per Gesetz zum Naturschutzsymbol in der früheren DDR wurde. Auch heute kennzeichnet sie diese Regionen noch in allen ostdeutschen und einigen westdeutschen Ländern. Andere sind beim bundesrepublikanischen Wappenvogel – dem Adler – geblieben. „Die Naturschutzeule ist ein ikonisches Symbol für alle Belange des Naturschutzes“ und „eine gesamtdeutsche Erfolgsgeschichte“, lobte die brandenburgische Umweltministerin Hanka Mittelstädt (SPD) die ebenso Vertrauen wie auch Mystik ausstrahlende Kultfigur bei den Feierlichkeiten zum 75. Jahrestag im Bad Freienwalder Haus der Naturpflege im Sommer. Die Einrichtung – wohl die älteste Umweltbildungsstelle in Deutschland mit Veranstaltungen auch für Schulklassen – war vom Bad Freienwalder Naturschutzpionier und Sanitäter Kurt
Kretschmann und seiner Frau Erna, die ursprünglich als Kindergärtnerin und Hortnerin, später als Komunalpolitikerin tätig war, 1960 gegründet worden. Beide entwickelten mit Mitstreitern bereits um 1950 die Idee, besondere Bäume, Landschaften oder Biotope einheitlich zu kennzeichnen. Diese schützenswerte Natur sollte mit einem Symbol für alle sichtbar gemacht und aufgewertet werden. Dabei fiel die Wahl schnell auf eine Eule. „Gerade weil die Eulen so verleumdet waren, wollte ich den Vogel zum Naturschutzsymbol machen und den Menschen damit zeigen, dass gerade dieser Vogel auch wichtig für uns ist“, erklärte es Kurt Kretschmann einmal. Früher galt der Ruf des Käuzchens noch als Omen des Todes: Bei Kranken wurde damals oft bei Nacht das Licht im Zimmer brennen gelassen. Wenn die nachtaktiven Vögel im Lichtschein der Fenster jagten und ihr Ruf „Kuwitt“ zu hören war, wurde das oft als „Komm mit“ interpretiert. Und so waren Eulen generell vor allem auf dem Lande nicht sonderlich beliebt. Vor allem der 2007 verstorbene Kurt Kretschmann ging bei der Installation der Naturschutzschilder in den frühen 1950er Jahren laut der Geschäftsführerin der Bad Freienwalder Einrichtung Katrin Bosse ziemlich unverfroren vor: „Er ging zu den zuständigen Förstern der ausgewählten Gebiete und eröffnete ihnen: ’Dieser Baum steht jetzt unter Naturschutz!’“ Derartiges Rebellentum zeichnete ihn schon immer aus. Mit seiner Frau Erna hatte er das spätere Haus der Naturpflege nach dem Krieg als Blockhaus auf einem Gartengelände errichtet, auf dem sich der Pazifist schon gegen Ende des Krieges 75 Tage lang als
Deserteur in einem Erdloch versteckt gehalten hatte. Im Haus der Naturpflege ist die Eule noch heute überall zu finden ob auf dem typischen Schild, selbst gemalt auf Holz oder prangend auf Stein. Zum Jubiläum hat das Umweltschutzministerium der Eule einen Relaunch zukommen lassen. Studenten einer Hochschule in Hildesheim haben mit ihrem auch anderswo in Brandenburg etwa als Biberberater im Ehrenamt engagierten und aus dem Kreis Barnim stammenden Dozenten Christian Mahler ein neues
Design der Eule entwickelt, die auch künftig als Symbol für den Naturschutz stehen soll.
Foto: Christian Mahler





